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Die letzten Rotterdamer Fliesenmanufakturen 2
Schiedamsedijk / Leuvehaven

Jan Pluis / Wilhelm Joliet

 

In dieser Veröffentlichung werden Fliesen und Fliesentableaus, aus der einstmals so bekannten Rotterdamer Fliesenmanufaktur Schiedamsedijk / Leuvehaven, beschrieben.
Der von Jan Pluis erarbeitete Bericht scheint mir ausgezeichnet zu meiner Webseite www.tegels-uit-rotterdam.com zu passen. Deshalb veröffentliche ich gerne eine von mir erarbeitete deutsche Version im Internet. Ich bedanke mich bei Jan Pluis, der mir seine Texte und sein Bildmaterial zur Verfügung stellte.

Die Geschichte der Manufaktur geht zurück bis in das 17. Jahrhundert. Diese ca. 1675 gegründete Werkstatt wird in der Literatur ‘De Bloempot’ genannt, da ein Blumenvasentableau die Fassade des Gebäudes zierte (Abb. 1). Die Bezeichnung ‘De Bloempot’ kommt allerdings nicht in mir bekannten Archivstücken vor. Für weitere Informationen schauen Sie bitte auf meine Webseite.1
Pieter Janz Aalmis wurde 1692 Eigentümer der Werkstatt, die im Familienbesitz blieb bis sie 1790 an Laurens Verwijk verkauft wurde. Willem van Traa wurde 1843 neuer Eigentümer und führte die
Fliesenmanufaktur bis zu ihrer Schließung im Jahr 1852.

 

Abb. 1. Blumenvase, 6 x 5 Fliesen, Aalmis, Rotterdam, 18. Jahrhundert, nach einem Kupferstich des Carel Allard (1647-1707). (Historisch Museum Rotterdam, Inv.Nr. 5004)

Dieses Fliesengemälde zierte den Giebel der Werkstatt bis das Gebäude 1918 abgebrochen wurde.

 

 

Fliesen und Fliesentableaus aus der Werkstatt des Willem van Traa

 

 

Abb. 2. Willem van Traa (ca. 1863-1870), Steinmetz- und Fliesenunternehmer.
(Fotosammlung Gemeentearchief Rotterdam)

 

Willem van Traa (am 13. Mai 1804 getauft) war Eigentümer eines Rotterdamer Steinmetzbetriebes. Von den Erben des Cornelis Roeland Verwijk kaufte er 1843 die Fliesenmanufaktur an der Ostseite des Schiedamsedijk, in der beinahe zwei Jahrhunderte die bekannten Familien Aalmis und Verwijk Fliesen und Fliesentableaus fertigten.2

Nach Übernahme der Werkstatt legte Willem van Traa eine neue Buchführung an.
Im Dezember 1904 wurde das Werksarchiv des Willem van Traa durch Cornelis van Traa dem Archiv der Gemeinde Rotterdam übergeben. Eppe Wiersum, Rotterdamer Stadtarchivar von 1904 bis 1935, inventarisierte die Archivstücke.3 Diese bieten uns heute einen Schatz an Informationen zur Fliesenproduktion in Rotterdam im 19. Jahrhundert.

Es gibt 274 Archivstücke, wovon die Nummern 243 bis 255 die Fliesenmanufaktur betreffen.
243. Hauptbücher 1843-1861
244. Auflistungen der Tagesverkäufe 1843-1859
245. Rechnungsbücher 1843-1857
246. Kassenbücher 1843-1863
247. Inventare der Materialien 1843-1849
248. Bilanzen 1843-1850
249. Register von Aufträgen und Lieferungen 1848-1864
250. Register monatlicher Lieferungen 1849-1873
251. Register monatlicher Lieferungen und Einnahmen 1850-1851
252. Auflistungen von Rechnungen, Offenstände bei Materialien und Rechnungen 1852-1857
253. Register von Kosten 1852-1857
254. Ofenbücher 1848 und 1850
255. Register verschickter Briefe 1852-1873

 

 

Inventur vom 1. Mai 1843

Nach dem Kauf der Fliesenmanufaktur wurde eine sorgfältige Inventur erstellt (247. 1843-1849).
Daraus ist ersichtlich, welche Tableaus und Fliesentypen in dieser Zeit produziert wurden.
Willem van Traa übernahm von Verwijk das Inventar der Werkstatt, Fliesen (ƒ 4810,39), Material (ƒ 829,99), Werkzeuge und Geräte (ƒ 551), für einen Gesamtbetrag von ƒ 6191,38. Es waren 313 Tableaus vorrätig.
4 Die Anzahl Fliesen betrug 1.194.437 Stück. Dies entsprach im Vergleich zur Produktion des Fliesenherstellers Tichelaar in Makkum einem Vorrat von drei Jahren.
Johan Kamermans hat die Archivstücke bearbeitet und ausführlich beschrieben.5 Wir können uns deshalb auf einen Aspekt der Produktion beschränken.

 

Abb. 3. Tabelle ausgelieferter Fliesen von 1843 bis 1851 einschließlich, Bestandteil des Auftragsbuches (Inv. Nr. 249).

Willem van Traa erstellte eine Übersicht über ausgelieferte Fliesen für die Jahre 1843 bis 1851 einschließlich (Abb. 3). Diese Liefermengen kann man mit den Bilanzen vergleichen (248, 1843 bis 1850).

 

Abb. 4. Grafische Wiedergabe der Tabelle von Abb. 3.

 

Abb. 5. Grafische Darstellung bei Tichelaar zwischen 1843 und 1851 gefertigter Fliesen.

 

Bis 1846 wurden bei Van Traa Gewinne erzielt, danach schrieb man jedes Jahr Verluste. Die Anzahl ausgelieferter Fliesen reduzierte sich auch in den Jahren 1847 bis 1849. Von der Fliesenmanufaktur Van Traa blieben nur die Ofenbücher der Jahre 1848 und 1850 erhalten.
Für das Jahr 1848 wurden 11 Ofenfüllungen und für das Jahr 1850 7 Ofenfüllungen bezeugt. Es fällt auf, dass in diesen Jahren die Zahl produzierter Fliesen rückläufig war. Aus diesen Gegebenheiten erkennt man, dass die Fliesenproduktion bei Van Traa ein Auslaufmodell war. Als dann auch noch der Buchhalter / Betriebsleiter Frederik Jacobus Kleijn 1851 eine eigene Fliesenmanufaktur in Delfshaven gründete und einige Mitarbeiter von Van Traa mitgingen, bezeichnete dies das Ende der Fliesenmanufaktur am Schiedamsedijk, die mindestens 179 Jahre bestand.
Aus den Registern von Aufträgen und Lieferungen (249. 1848-1864), den Registern verschickter Briefe (255, 1852-1873) und den Registern monatlicher Lieferungen (250. 1849-1873) erhält man einen Überblick über das Absatzgebiet der Fliesenmanufaktur Van Traa.
Es ist nicht verwunderlich, dass die Käufer vor allem aus der Stadt und der Umgebung von Rotterdam, sowie den Provinzen Südholland und Zeeland kamen.
In mehreren Archivstücken ist die Nennung von Gildehaus in der deutschen Grafschaft Bentheim auffällig.
Willem van Traa war nicht nur Inhaber der Fliesenmanufaktur, sondern auch eines Steinmetzbetriebes. Bentheimer Sandstein wurde mit eigenem Schiff über die Vechte nach Rotterdam geholt. Auf der Hinfahrt wurden Fliesen aus der eigenen Manufaktur mitgeführt und zum Beispiel in Gildehaus verkauft (Abbildungen 6-10).

In Amsterdam gab es die gleiche Kombination von Steinmetzbetrieb und Fliesenmanufaktur. Dort fanden Fliesen aus der Manufaktur ‘De twee Laurierbomen‘ an der Lauriergracht ein Ansatzgebiet entlang der Weser.6 Auf der Hinfahrt wurden Fliesen und auf der Rückfahrt Baumberger Sandstein mit Schiffen transportiert.

 

 

Willem van Traa und E. Meyering in Gildehaus (Grafschaft Bentheim)

Am 27. Mai 1852 nahm Willem van Traa über H. van Straaten in Ommen (Provinz Overijssel) Kontakt zu E. Meyering, einem Baustoffhändler und Händler von Bentheimer Sandstein, in Gildehaus auf. Van Traa schrieb am 25. Juni 1852 an Meyering und teilte ihm mit, dass er ihm diverse Sorten Fliesen schicken würde. Die Bezahlung solle in einer Gegenleistung von Bentheimer Sandstein erfolgen. Willem van Traa nahm an einer Ausschreibung zur Lieferung von Bentheimer Sandstein für eine Kirche in Amsterdam teil. Er erhielt den Auftrag nicht und teilte dies mit Brief vom 3. Februar 1853 auch Herrn E. Meyering mit. Das war dann auch der letzte Brief an die Firma in Gildehaus.

Bis etwa 1970 befand sich in einem Haus in Gildehaus (Am Nordhang 6) eine Herdwand, die mit Fliesen bekleidet war, die vermutlich 1852-1853 aus einem Lagerbestand des Willem van Traa kamen.

 

Abb. 6. Herdwand mit Ornamentfliesen der Art ‘kruisroosjes’ und Fliesen mit einem Kartuschedekor, Rotterdam, ca. 1852. (bis etwa 1970 in einem Haus in Gildehaus)

 

Abb. 7. Detail von Abb. 6.

 

Abb. 8. Detail von Abb. 6.

 

Abb. 9. Fliese mit einem römischen Soldaten auf einer Kartusche, Detail  von Abb. 6.

 

Der mittlere Bereich der Herdwand aus Ornamentfliesen der Art ‘kruisroosjes’ wurde von Kartuschefliesen umrahmt. Diese Kartuschefliesen wurden im 18. Jahrhundert bei Aalmis-Verwijk in der Rotterdamer Fliesenmanufaktur am Schiedamsedijk in verschiedenen Ausführungen, vor allem mit dem Eckmotiv ‘kwartrozet’ = Viertelrosette gefertigt.7 Die Kartuschefliesen in Gildehaus haben aber das Eckmotiv ‘ossenkop’ = Ochsenkopf. Das letztere Eckmotiv findet man auch bei Landschafts- und Bibelfliesen (vergleiche Abbildungen 18-23).
Bibelfliesen mit dem Eckmotiv ‘ossenkop’ wurden auch in einem 1822 gebauten Bauernhaus in Billerbeck (Kreis Coesfeld in Nordrhein-Westfalen) angetroffen. Auch diese Fliesen wurden wahrscheinlich per Schiff über die Vechte transportiert.

Auf den Kartuschefliesen findet man Blumenvasen oder Personen. Ein kleiner Tänzer auf einer Kartusche ist auch auf einem Blatt des Musterbuches für Fliesen der Fliesenmanufaktur Aalmis-Verwijk zu sehen (Abb. 13). Das Musterbuch liegt im Gemeenterchief Rotterdam. Einige Dekore auf Kartuschefliesen aus Gildehaus, wie der Soldat, sind bisher aus Serien des 18. Jahrhunderts nicht bekannt.

Aus Kartuschefliesen von der Herdwand in Gildehaus wurde ein Feld von 16 Fliesen zusannengestellt.

 

Abb. 10. 16 Kartuschefliesen von der Herdwand von Abb. 6. (Gebr. Kramer, Amsterdam)

 

Das Kartuschedekor wurde in den Archivstücken der Firma Willem van Traa nicht gefunden.
Die Ornamentfliesen ‘kruisroosjes’ sind dagegen in den Inventaren mit f 0,30 pro hundert verzeichnet.

 

Abb. 11. Kartuschedekor mit einem kleinen Tänzer, Rotterdam, ca. 1760. (Sammlung Wilhelm Joliet)

 

Abb. 12. Kartuschedekor mit einem kleinen Tänzer, Willem van Traa, Rotterdam, ca. 1852.

 

Abb. 13. Kartuschedekor mit einem kleinen Tänzer, Rotterdam, RMT 78, Modellenboek, ca. 1830.

 

 

Schildpattfliesen und geflammte Fliesen

Es gab interessante Kontakte des Willem van Traa aus Rotterdam mit seinem Kollegen Sybrand Tjallingii in Harlingen.8
Die Geschäftsverbindungen betrafen vor allem Schildpattfliesen und geflammte Fliesen.

 

Abb. 14. Schildpattfliese (in der Sammlung des Royal Scottish Museum in Edinburgh).

 

Abb. 15. Geflammte Fliese.

 

Schildpattfliesen 9 wurden hergestellt, indem man aus Ton geformte Fliesen in lederhartem Zustand mit einer Lage weißbrennender Engobe überzog und darauf mangan- oder eisenhaltige Glasur aufspritzte. Die Spritzer wurden früher wie folgt aufgebracht: ein langer Pinsel wurde in die eingefärbte Glasurmasse getaucht und dieser auf den Unterarm gelegt; das untere Ende des Pinsels vom Arm weggezogen und losgelassen, wodurch der Pinsel gegen der Unterarm stieß und sich Tropfen der eingefärbten Glasurmasse vom Pinsel lösten und auf die Engobe legten. Bei geflammten Fliesen wurde die noch feuchte Engobe dann gekämmt. Nach dem Trocknen und flach rollen wurden die Fliesen getrocknet und gebrannt.

 

Abb. 16. Gruppenfoto des Personals der  Fliesenmanufaktur Tjallingii, Harlingen, ca. 1895. Im roten Rechteck der Mann, der mit dem langen Pinsel das Schildpattdekor auf die Fliesen brachte. (Gemeentemuseum Het Hannemahuis, Harlingen)

 

In Rotterdam wurden große Mengen Schildpattfliesen hergestellt, dagegen in Friesland sehr wenige. Bei Tichelaar in Makkum wurden in den Ofenbüchern bis 1794 nur dreimal die Herstellung dieses speziellen Fliesendekors verzeichnet (1781, 1784 und 1787), mit insgesamt nur 543 Stück. Von Kingma in Makkum wurden zwischen 1785 und 1800 3.738 Schildpattfliesen verkauft, davon mehr als die Hälfte in den Westen des Landes.

In Rotterdam und Utrecht wurden dagegen sehr viele Schildpattfliesen und geflammte Fliesen gefertigt, denn es gab dort eine große Nachfrage. In den Gegenden um Rotterdam und Utrecht waren die Rauchbahnen der Kamine meist mit diesen Fliesen bekleidet.

Beim Fliesen- und Tonwarenfabrikanten Tjalingii aus Harlingen (Friesland) wurden in Geschäftsbüchern aus der Mitte des 19. Jahrhunderts immer wieder Fliesen der beiden genannten Typen verzeichnet. Im Hauptbuch des Willem van Traa (Werksarchiv 243) steht, dass Tjallingii diese Arten Fliesen in Rotterdam kaufte. Zwischen dem 11. Juli 1843 und dem 14. März 1848 wurden 13.000 Schildpattfliesen und geflammte Fliesen für Tjallingii aus Harlingen notiert.

Tichelaar aus Makkum kaufte nur zweimal (1848 und 1851) diese Dekorarten von Fliesen bei Van Traa, insgesamt 2.000 Stück.

Als Tjallingii hörte, dass Van Traa 1852 die Produktion einstellte, nahm er Kontakt zu seinem Kollegen auf. Van Traa ließ darauf mit Brief vom 11. September 1852 wissen, dass er noch Vorrat für ein Jahr hätte. Willem van Traa teilte Tjallingii mit, dass er 16.00 Biskuitfliesen (gebrannte aber noch nicht glasierte Fliesen) übernehmen könne. Inzwischen verkaufte Willem van Traa aus dem noch vorhandenen Vorrat. Die Nachfrage nach Schildpattfliesen war in Rotterdam noch sehr groß. Deshalb fragte Willem van Traa in Harlingen nach, ob Tjallingii ihm diese liefern könne. Bei Tjallingii waren diese allerdings nicht in Produktion. So mußte er erst in Erfahrung bringen, wie diese rationell gefertigt werden könnten. Deshalb nahm er Kontakt zu einem früheren Mitarbeiter des Willem van Traa, Gillis Smal10, auf. Dieser hatte mehr als zehn Jahre Erfahrung in der Herstellung dieser speziellen Art Fliesen bei Van Traa. Seit 1852 arbeitete er bei F.J. Kleijn, dem früheren Buchhalter und Prokuristen bei Willem van Traa. Tjallingii beschrieb diese Kontakte in seinen ‘Aantekeningen’11.

Gillis Smal erläuterte Herrn Tjallingii mit Brief vom 2. Mai 1852 das Herstellungsverfahren.

Schildpattfliesen und geflammte Fliesen wurden meist in einem Feld von 13 x 7 Fliesen hinter dem Herdfeuer angesetzt. Auf diesen dunklen Fliesen fielen die Rauchrückstände nicht so sehr auf.  

J. van Dalen beschrieb 1806 Schildpattfliesen und ihre Verwendung in seiner Publikation De Bouwkunstenaar, Seite 89.12

 

 

Produktionsanteil von Schildpattfliesen und geflammten Fliesen bei Willem van Traa

Nachfolgend sind die Verkaufsmengen verschiedener Fliesenarten für die Jahre 1848 und 1849 aufgelistet.  

 

1848

1849

Witte (in vijf kwaliteitsgroepen)
Weisse (in fünf Qualitätsstufen)

142711

166241

Witte, Afgesneden ^
Weisse, beschnitten

500

250

Witte    7 dm
Weisse, 7 Zoll ca. 15,4 cm

52

87

Witte    6 dm  
Weisse 6 Zoll ca. 13,2 cm

970

1184

Schildpadtegels  
Schildpattfliesen

21681

26280

Schildpad, Afgesneden  
Schildpattfliesen, beschnitten

460

-

Gevlamde tegels  
Geflammte Fliesen

2681

2265

Wir können hieraus schließen, dass die Anzahl der Schildpattfliesen zehnmal größer war, als die der geflammten Fliesen. Diese beiden Gruppen sind zusammen aber nur der sechste Teil der Anzahl weiß glasierter Fliesen.

In Südholland, Zeeland und Belgien (Flandern) trifft man Herdflächen an, bei denen Schildpattfliesen und weiß glasierte Fliesen in beschnittenen Formen vorkommen und dekorative Muster bilden.  
Ein Beispiel der Verwendung beschnittener weiß glasierter Fliesen mit Schildpattfliesen zeigt Abb. 17.

 

Abb. 17.  Teil einer Kaminschürze in einem flämischen Bauernhaus mit diagonal angesetzten Schildpattfliesen. Aus Teilstücken weiß glasierter Fliesen und Schildpattfliesen wurden Muster gebildet; Rotterdam; 1740-1760.

 

 

Die Preise

Die Preise für Fliesen können den Listen in den Archivstücken entnommen werden. Darin stehen die Preise jeweils für 100 Stück verzeichnet.  
Weiß glasierte Fliesen gab es in fünf Qualitätsklassen. 100 Fliesen der Nr. 1 kosteten f 0,25, 100 Fliesen der Nr. 5 kosteten f 0,12. Schildpattfliesen und geflammte Fliesen kosteten f 0,20 pro 100.

 

 

Bibelfliesen

Bei Verwijk war die Fliesenproduktion eine Fortsetzung der Fliesendekore und Tableaus, die auch schon bei Aalmis gefertigt wurden. Neue Fliesendekore gab es, als Willem van Traa die Werkstatt Schiedamsedijk / Leuvehaven übernommen hatte.  
Es folgen Beispiele von drei Bibelfliesen aus der Periode Verwijk aus Bauernhäuser deren Baudaten bekannt sind. Der Maler der Bibelfliesen war wahrscheinlich Hendrik Dekker. Dieser Typ Fliesen wurde übrigens auch schon bei Aalmis gefertigt.

 

  

Abb. 18. O 088 – Moses und der brennende Dornbusch – ein Engel des Herrn erscheint Moses.
Abb. 19. O 099 – Manna regnet vom Himmel.

Beide Fliesen stammen aus einem 1816 gebauten Bauernhaus in ’s-Gravenpolder, einem Dorf in der Gemeinde Borssele, auf der niederländischen Halbinsel Zuid-Beveland der Provinz Zeeland.

 

 

  

Abb. 20. O 040 – Abraham und Isaak.
Abb. 21. N 160 – Die Jünger holen eine Eselin.

Beide Fliesen in einer Herdwand mit der Jahreszahl 1822 in Billerbeck, einer Stadt im Kreis Coesfeld in Nordrhein-Westfalen.

 

 

  

Abb. 22. N 172 - Jesus’ Gebet im Garten Gethsemane.
Abb. 23. N 246 – Paulus und Silas im Gefängnis.

Beide Fliesen in einem 1828 gebauten Bauernhaus in Langerak, einem Dorf in Südholland.

 

 

Abb. 24. Smuiger, Rotterdam, ca. 1845. Maler: Hendrik Dekker. (Nederlands Tegelmuseum, Otterlo)

 

Smuiger ist eine Kaminform, die man vor allem an der Zaanstreek findet. Die Zaanstreek ist eine Region rund dem Fluss Zaan in Westen der Niederlande in der Provinz Nordholland. Sie wird begrenzt von Amsterdam im Süden, dem Polder Beemster im Norden, Kennemerland im Westen und Waterland im Osten.

Nach dem Erwerb der Fliesenmanufaktur Verwijk durch Willem van Traa wurde eine neue Serie Bibelfliesen aufgelegt. Diese wurde später von Frederik Jacobus Kleijn übernommen, als er bei Van Traa 1851 kündigte und in Delfshaven die Fliesenmanufaktur ‘Piet Hein’gründete. Hendrik Dekker blieb in beiden Fällen Maler dieser neuen Serie.  
Die größte bekannte Verwendung der neuen Serie Bibelfliesen von Van Traa gibt es an einem smuiger aus Wormer (Zandweg 4), der 1965 in das Niederländische Fliesenmuseum in Otterlo übertragen und dort aufgebaut wurde (Abb. 24).  
Die Fliesen an diesem Kamin wurden von Hendrik Dekker (1776-1853) bemalt, der schon in der Rotterdamer Fliesenmanufaktur Verwijk als Maler angestellt war.  

Hoynk van Papendrecht erwähnte Hendrik Dekker in seinem Buch De Rotterdamsche Plateel- en Tegelbakkers en hun product, 1590-1851. Rotterdam 1920, wie folgt:  

 

Die zur Geburt seines Sohnes Piter gemalte Gedenkfliese (Abb. 26) ist für die Zuordnung von nicht signierten Arbeiten des Hendrik Dekker von Belang.

Abb. 25. Die Handschrift des Hendrik Dekker findet man auf einer Akte vom 23. Dezember 1811.

Dieser Namenszug wurde abgebildet und beschrieben von E. Wiersum: ‘Een zeldzaam doopbordje’, in Oude Kunst 1920, p. 26.  

 

 

Abb. 26. Gedenkfliese zur Geburt des Piter Dekker, 186 x 179 x 15 mm, Verwijk, Rotterdam, 1803. Maler: Hendrik Dekker. (Historisch Museum Rotterdam, Inv.Nr. 2425)  

Die Handschrift des Hendrik Dekker findet man auch auf einigen Rebusfliesen.

Abb. 27. Rebusfliese, 182 x 130 mm. (Foto 1973 von Nystadt Antquairs Lochem, Amsterdam, empfangen)

 

 

Abb. 28. Rebusfliese, 125 x 175 mm, manganfarben, grün, blau, Hendrik Dekker. Aus: Hobby, Januar 1949, p. 74. 
Rechts: so kann der Text gelesen werden.

Beide Rebusfliesen zeigen gleiche Handschrift und Dekoration wie die Gedenkfliese.  

Vergleicht man nun die Handschrift mit Texten auf Bibelfliesen, so ist auch dort die Übereinstimmung markant.  

  

Abb. 29. N 254 Langerak 1828
Abb. 30. Detail der Rebusfliese (Abb. 27)

  

  

Afb. 31. O 309
Afb. 32. Detail der Gedenkfliese (Abb. 26)

 

  

Abb. 33. N 174 – David und Goliat, manganfarben, Verwijk, Rotterdam, ca. 1828 (Baujahr des Bauernhofs in Langerak). Maler: Hendrik Dekker.
Abb. 34. N 013 – Anbetung eines Hirten, Van Traa, Rotterdam, ca. 1843. Maler: Hendrik Dekker.

 

 

  

Abb. 35. N 107 – Der verlorene Sohn als Schweinehirt, Van Traa, Rotterdam, ca. 1843 Maler: Hendrik Dekker. (Nederlands Tegelmuseum, Otterlo)
Abb. 36. N 236 – Ein Engel erscheint dem römischen Solaten Cornelius, Van Traa, Rotterdam, ca. 1843 Maler: Hendrik Dekker. (Nederlands Tegelmuseum, Otterlo)

Die Fliese (Abb. 34) ist ein Beispiel des Übergangs von der alten zur neuen Serie von Bibelfliesen, die Hendrik Dekker malte. Das Eckmotiv auf den Fliesen ist verschieden zu vorhergehenden Fliesen. Die Textfelder sind jetzt auch verändert.
Die Textteile wurden nicht mehr durch zwei liegende Streifen getrennt, sie haben Platz gemacht für ein oder mehrere kleine Striche (vergleiche Abbildungen 29 und 31). Die Schreibweise wurde nicht verändert.

Bei den Fliesen am smuiger (Abb. 24) wurden die Eckornamente verändert: Die Hörner der ‘Ochsenköpfe’ sind nun stärker gebogen. Vergleicht man die Malweise, so stellt man fest, dass sie bei Hendrik Dekker weitestgehend unverändert blieb. Dies ist vor allem bei der Ausführung von Portraits und der Wiedergabe der Haartracht von Personen festzustellen.
Die Produktion endete 1852 bei Van Traa. Der Buchhalter und Betriebsleiter Frederik Jacobus Kleijn war 1851 nach Delfshaven gezogen und hatte dort die Fliesenmanufaktur ‘Piet Hein’ gegründet. Hendrik Dekker ging mit ihm und nahm Durchstaubschablonen für Bibelfliesen mit. Mit 77 Jahren malte Hendrik Dekker 1853 in der Werkstatt ‘Piet Hein’ in Delfshaven seine letzte Fliese.

 

 

Abb. 37. Gelegenheitsfliese, ‘Laatste werk van Hendrik Dekker oud 77 jaar. Maler in der Fliesenmanufaktur Piet Hein in Delfshaven’.

Vergleicht man diese Fliese mit der Gedenkfliese und den Rebusfliesen dann ist es klar, dass alle diese Fliesen von Hendrik Dekker gemalt wurden.

 

 

Delfshaven

 

Abb. 38. Gelegenheitsfliese, ‘F.J. Kleyn Tegelbakkerij Piet Hein te Delfshaven’. (Royal Scottish Museum, Edinburgh)

 

In der Fliesenmanufaktur ‘Piet Hein’ wurden vom nachfolgenden Maler oder nachfolgenden Malern die gleichen Durchstaubschablonen benutzt, mit denen auch Hendrik Dekker arbeitete.

Nachfolgend wird ein Beispiel mit gleicher Darstellung gezeigt (Abb. 39, 40). Die linke Fliese wurde von Hendrik Dekker und die rechte von einem Nachfolger gemalt, dessen Name nicht bekannt ist. Die Malweise des Nachfolgers ist dünner und das Eckornament stark verändert. Markant sind die beiden Querstriche in den Ecken der Fliese.

 

  

Abb. 39. O 309 - Judith mit dem Haupt des Holofernes, 131 x 131 x 7 mm, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850/1851. Maler: Hendrik Dekker.
Abb. 40. O 309 - Judith mit dem Haupt des Holofernes, 129 x 129 x 7 mm, Delfshaven, ca. 1860. Maler: unbekannt.

  

  

Abb. 41. Moses empfängt die steinernen Tafeln, Johannes van der Wolk, Rotterdam, ca. 1820.
Abb. 42. Moses empfängt die steinernen Tafeln, Delfshaven, ca. 1860.

 

Vermutlich arbeitete in der Fliesenmanufaktur ‘Piet Hein’ in Delfshaven ein Maler der früher Mitarbeiter der 1842 geschlossenen Rotterdamer Werkstatt des Johannes van der Wolk war. Die Abbildung 41 zeigt eine Fliese aus der Werkstatt des Johannes van der Wolk und die Abbildung 42 eine Fliese aus Delfshaven. Die Fliese aus Delfshaven zeigt die für die Werkstatt ‘Piet Hein’ übliche Ausführung des Eckornamentes, aber das für die Werkstatt des Johannes van der Wolk typische Gitter im rechten Bereich über der Textzeile.

 

Link zur Tabelle mit allen aus den Werkstätten Willem van Traa und Frederik Jacobus Kleijn bekannten Bibelfliesen
Die Nummern in der ersten Spalte verweisen auf die Abbildungen und Beschreibungen in Bijbeltegels – Bibelfliesen.13

 

 

Landschaftsfliesen

Dekore und Ausführung von Landschaftsfliesen blieben über viele Jahre ungefähr gleich. Nachfolgend werden einige Bespiele von Landschaftsfliesen aus der Periode Verwijk gezeigt. Die Abbildung 43 zeigt Landschaften im Kreis und Landschaften im Achteck mit Laubwerk. Die Fliesen befinden sich in einem Bauernhaus aus dem Baujahr 1813 in ’s-Heerenhoek, Provinz Zeeland.

 

Abb. 43. Detail einer Fliesenwand mit Landschaften im Kreis und Landschaften im Achteck, Rotterdam, Verwijk, 1813. (in einem Bauernhaus in ’s-Heerenhoek, Provinz Zeeland)

 

In einem Bauernhaus in Lamswaarde, Provinz Zeeland, aus dem Baujahr 1834 gibt es Landschaften op land und Tableaus mit den Darstellungen der hl. Maria von Kevelaer und einer Kreuzigung Jesu. Op land bedeutet, dass die Gebäude mit markanten Bodenstücken gemalt wurden.

 

Abb. 44. Unsere liebe Frau von Kevelaer und eine Kreuzigung Jesu. (in einem Bauernhaus in Lamswaarde, 1834)

 

 

Abb. 45. Acht Landschaftsfliesen in einem Bauernhaus in Lamswaarde, Baujahr 1834, Verwijk, Rotterdam, ca. 1835. Die Darstellung auf der Fliese links oben ist die gleiche wie die im Vorlagenbuch Aalmis-Verwijk.

 

Auf Abbildung 45 findet man eine Fliese mit einer Fahne mit dem Buchstaben W für König Willem I. (* Den Haag 24.08.1772 - + Berlin 12.12.1843). Es fällt auf, dass links neben den Gebäuden immer eine Bakenstange (Seezeichen für die Schifffahrt) gemalt wurde.

Das gleiche Dekor wie auf Abbildung 45 links oben wird als Abb. 46 im Vergleich mit einem Entwurf im Vorlagenbuch (Abb. 47) gezeigt. Auffallend sind die wellenförmigen Begrenzungen des Untergrundes, die später bei Landschaften in der Werkstatt Van Traa ballonförmig ausgeführt wurden (siehe Abb. 50).

   

  

Abb. 46. Landschaftsfliese, Verwijk, Rotterdam, ca. 1840.
Abb. 47 Landschaft im Vorlagenbuch Aalmis-Verwijk, Rotterdam, ca. 1830.

 

Nach Übernahme der Fliesenmanufaktur Schiedamsedijk / Leuvehaven durch Willem van Traa im Jahr 1843 wurde eine neue Serie Landschaftsfliesen entworfen. Den frühesten Beleg findet man in einem Bauernhaus in Zeveneken (Belgien) aus dem Baujahr 1845 (Abb. 48).

Die Kaminwand besteht aus zwei Feldern von jeweils 89 Landschaftsfliesen. Die weißen Fliesen des Kaminüberbaus wurden im Halbverband angesetzt, was in dieser Zeit öfters vorkam. In der Fliesenbekleidung des Kaminüberbaus findet man ein Tableau mit Darstellung der Kreuzigung Jesu, dem gleichen Typ wie in Lamswaarde (siehe Abb. 44). Die Landschaften in Zevenecken sind grob gemalt. Markant ist der Untergrund der Gebäude der Luftkissen ähnelt. Diese Art Landschaftsfliesen findet man sowohl in manganfarbener als auch in blauer Bemalung.

 

Abb. 48. Kamin in Zeveneken (Belgien) mit Landschaftsfliesen und einem Tableau, die Kreuzigung Jesu darstellend, Van Traa, Rotterdam, 1845. (Baujahr des Bauernhauses 1845)

  

Abb. 49. Kreuzigung, Detail der Abb. 48.

 

  

Abb. 50. Detail der Kaminwand in Zeveneken (Abb. 48) mit 15 Landschaftsfliesen, Van Traa, Rotterdam, 1845. (Baujahr des Bauernhauses)
Abb. 51. Drei Landschaftsfliesen, Rotterdam, Van Traa, ca. 1845 (in einem Bauernhaus in Vijfherenlanden).

 

 

 

Abb. 52. Bauernhaus mit großem Zugangstor und einem Taubenhaus. Links mit wellenförmigem und rechts mit ballonförmigen Untergrund, Van Traa, Rotterdam, ca. 1845.  

 

Abb. 53. Sechs Fliesen mit Gebäuden auf markanten Bodenstücken, Van Traa, Rotterdam, ca. 1845.  

 

Abb. 54. Feld von 12 Landschaften im Kreis mit selten vorkommendem Baugrund , blau, Van Traa, ca. 1845.

 

 

Tableaus

Der Fliesenmanufaktur Schiedamsedijk / Leuvehaven und ihrem Besitzer Willem van Traa können eine größere Zahl Tableaus zugeschrieben werden.
Da Hendrik Dekker sowohl bei Willem van Traa als auch bei Frederik Jacobus Kleijn beschäftigt war, besteht aber die Möglichkeit, dass ein Tableau entweder in der einen oder anderen Werkstatt gemalt wurde. Da können die Kennzeichnungen auf den Scherben der Fliesen von Nutzen sein. Bei Verwijk - Van Traa wurde noch, soviel bekannt, die folgende Kennzeichnung gewählt: rechts oben ein Buchstabe, rechts unten eine Zahl zur Einordnung der Fliese im Tableau und als Ansetzhilfe für den Fliesenleger. (Siehe den Husar, Abb. 55b)

 

  

Abb. 55a,b. Husar, 3 x 2 Fliesen, Verwijk, Rotterdam, ca. 1830.
Auf der Satteltasche das bekrönte W für Koning Willem I.

 

Eines der Tableaus, die 1843 bei Van Traa von Hendrik Dekker gemalt wurden, ist ein Landhaus am Hogezeedijk in Kralingen.
Kralingen ist eine frühere Gemeinde in der niederländischen Provinz Südholland und jetzt ein Stadtteil von Rotterdam.

Ein anderes Tableau vom Beginn des Schaffens bei Van Traa zeigt das Innere eines Kolonialwarenhandels.

 

 

 

Abb. 56. Landhaus am Hogezeedijk in Kralingen; auf den Brückenpfosten der Eintrag: Anno 1843 Rust Wat, 4 x 5 Fliesen mit integrierter Rahmung, Van Traa, Rotterdam, 1843; Maler: Hendrik Dekker. (Historisch Museum Rotterdam, Inv.Nr. 5474)  

 

 

Abb. 57. Inneres eines Kolonialwarenhandels, 6 x 8 Fliesen. Bezeichnungen auf Kästen: Samen [Anissamen], stijfzel [Stärke], nagel [Gewürznelken], caneel [Stangenzimt], lakmoes [Lackmus], blauwsel [Waschblau], über der Tür spiegelbildlich “kruideniers / waren [Kolonial / waren]“. (Historisch Museum Rotterdam, Inv.Nr. 5001)

Einige der Tableaus aus der Zeit nach 1843, die sowohl bei Willem van Traa als auch bei Frederik Jacobus Kleijn gefertigt sein können, sind mittels einer breiten Biese gerahmt.  

Kennzeichnend für einige Tableaus sind eigenartig schräg gedrehte Baumstämme, wie sie auf den Abbildungen 58-60 zu sehen sind.  

Abb. 58. Tableau mit einer italisierenden Landschaft, 2 x 3 Fliesen, Van Traa / Delfshaven.  

 

Abb. 59. Tableau mit einer italisierenden Landschaft, 2 x 3 Fliesen, Van Traa / Delfshaven. (Couvenmuseum, Aachen)  

 

Abb. 60a. Landschaft mit diversen Bildelementen: Kutsche, Boot und pflügender Bauer, manganfarben, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850.

 

Abb. 60b. Rückansicht des Fliesentableaus von Abb. 60a.

 

 

 

Fliesen und Tableaus aus Delfshaven

Einige Mitarbeiter von Van Traa, die 1851 zur neu gegründeten Fliesenmanufaktur des Frederik Jacobus Kleijn nach Delfshaven wechselten, nahmen auch Vorlagen und Durchstaubschablonen mit. Deshalb ist es so schwer, Tableaus der Werkstatt des Willem van Traa in Rotterdam oder der Werkstatt des Frederik Jacobus Kleijn in Delfshaven zuzuordnen. In beiden Fliesenmanufakturen gab es demgemäß identische Ausführungen.

Herbert van den Berge dokumentierte die Fliesenbekleidung eines Bauernhauses in Zouteveen, einer ehemaligen eigenständigen Gemeinde in Midden-Delfland, in der niederländischen Provinz Südholland. Da dieses Bauernhaus 1862 gebaut wurde, kann man davon ausgehen, dass die Fliesen in Delfshaven gefertigt wurden (Abb. 61). Bezeichnend für diese Fliesen sind der trapezförmige Baugrund und der sehr spitz zulaufende Giebel.

 

  

Abb. 61. Landschaft, Delfshaven, ca. 1860 (in einem 1862 gebauten Bauernhaus in Zouteveen)
Afb. 62. Landschaft, Delfshaven, ca. 1860. (Nederlands Tegelmuseum, Otterlo, Inv.Nr. 05830)

 

Peter Sprangers aus Utrecht fotografierte in Harmelen (Provinz Utrecht) einen Kamin (Abb. 65) mit Landschaften und zwei Tableaus, das eine mit einer melkenden Bäuerin, das andere mit Bauer und Pferd (Abb. 65).

Die Landschaftsfliesen an diesem Kamin zeigen ähnliche Darstellungen wie von Willem van Traa hergestellte Fliesen. Eingangstor und Baugrund sind aber deutlich unterschiedlich (siehe Abbildungen 63 und 64).

 

  

Abb. 63. Bauernhaus mit Eingangstor, Willem van Traa, Rotterdam, ca. 1845.
Abb. 64. Bauernhaus mit Eingangstor, Frederik Jacobus Klein, Delfshaven, ca. 1855.

 

 

Abb. 65. Kamin in einem Bauernhaus in Harmelen, Landschaftsfliesen und zwei Tableaus (melkende Bäuerin, Bauer mit Pferd), Delfshaven, ca. 1855.

 

Kennzeichen der Tableaus, die Delfshaven zugeschrieben werden, ist die frei schematische Malweise. Die Nummerierung auf den Rückseiten steht oben oder mittig mit einem Buchstaben und einer Zahl daneben. Die Rahmung der Tableaus besteht aus einer breiten manganfarbenen Leiste. Die Tableaus sind manganfarben oder mehrfarbig gemalt.

Nachfolgend sind einige Tableaus abgebildet, die in dieser Veröffentlichung der Werkstatt ‘Piet Hein’ in Delfshaven zugeschrieben werden.

 

Abb. 66. Detail der Abb. 65 mit der melkenden Bäuerin.

 

Abb. 67. Detail der Abb. 65 mit Bauer und Pferd.  

 

Abb. 68a. Melkende Bäuerin, 2 x 3 Fliesen, mehrfarbig, Delfshaven, ca. 1850-1860.  

 

Abb. 68b. Die Nummerierung des Tableaus besteht aus Buchstaben und Zahlen, die die Position der jeweiligen Fliese im Tableau kennzeichnen.

 

Abb. 69a. Melkende Bäuerin, 2 x 3 Fliesen, manganfarben, Delfshaven, ca. 1850-1860.

 

Afb. 69b. Die Nummerierung des Tableaus besteht aus Buchstaben und Zahlen, die die Position der jeweiligen Fliese im Tableau kennzeichnen.

 

Abb. 70. Bäuerin füttert Hühner, 3 x 4 Fliesen, Delfshaven, ca. 1850-1860. (in einem Bauernhaus in Maasland)

 

Abb. 71. Landschaft, 3 x 4 Fliesen, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850.

 

 

 

Bibeltableaus

Fliesenmanufaktur Schiedamsedijk Willem van Traa, Rotterdam
Fliesenmanufaktur Piet Hein, Delfshaven

 

Abb. 72. N 70 – Das letzte Urteil, 4 x 4 Fliesen, Van Traa, Rotterdam, ca. 1850. Maler: Hendrik Dekker. (Privatsammlung, Boxtel)

 

Abb. 73. N 077 – Das Gleichnis vom Splitter und Balken im Auge, manganfarben, Van Traa, Rotterdam, ca. 1850. Maler: Hendrik Dekker.

 

Das Tableau mit dem Gleichnis vom Splitter und Balken im Auge wurde scheinbar mit einer Durchstaubschablone des Johannes van der Wolk angefertigt (vergleiche www.tegels-uit-rotterdam.com/wolk.html Abbildung 86). Die Art der Rahmung wurde wurde bei Johannes van der Wolk nicht angetroffen, ist aber für die Fliesenmanufaktur Willem van Traa bekannt.

 

Es gibt sowohl Tableaus mit biblischen Darstellungen bei Van Traa in Rotterdam als auch bei Frederik Jacobus Kleijn in Delfshaven. Die Tableaus der Abbildungen 74-77 werden der Werkstatt des Willem van Traa zugeschrieben. Der Maler dieser Bibeltableaus war Hendrik Dekker.

 

 

Abb. 74. Christi Himmelfahrt, 5 x 4 Fliesen, Van Traa, Rotterdam, 1847? (in einem 1847 gebauten Bauernhaus in Ruinerwold). Maler: Hendrik Dekker.
Fotomontage Peter Sprangers.

 

Abb. 75. Kreuzigung, 4 x 3 Fliesen, Willem van Traa, Rotterdam, ca. 1845. Maler: Hendrik Dekker. (Sotheby’s Amsterdam , 21 okt. 1999, cat. nr. 18).  

 

Abb. 76. Christi Himmelfahrt, 4 x 3 Fliesen, Willem van Traa, Rotterdam, ca. 1845. Maler: Hendrik Dekker.

 

Abb. 77. O 155 Ruth und Boaz, 7 x 5 Fliesen, Willem van Traa, Rotterdam, ca. 1845. Maler: Hendrik Dekker. (Gebr. Kramer, Amsterdam)

 

Das größte uns bekannte Tableau mit biblischer Darstellung aus der Werkstatt des Willem van Traa ist die Geschichte von Ruth und Boaz mit 7 x 5 = 35 Fliesen. Die Rahmung wurde in das Gemälde integriert. Das Fliesengemälde ist auf einer Steinplatte aufgebracht (vergleiche Abb. 84). Diese Art kommt auch auf älteren Tableaus aus der Werkstatt Verwijk vor. Auf diesem Tableau sieht man auch die für Henrik Dekker karakteristisch gemalten Ästchen. Der Baumstamm ist markant schräg in sich gedreht (vergleiche die Abbildungen 58-60). Die Gesichter sind auffallend flächig gemalt.

 

  

Fliesenmanufaktur ‘Piet Hein’, Delfshaven

In einem Bauernhaus in Zoeterwoude (Provinz Südholland) befand sich bis ca. 1990 ein Kamin mit drei Bibeltableaus und Bibelfliesen. Sie wurden wohl um 1852 von Hendrik Dekker in Delfshaven gemalt (vergleiche Abb. 79). Malweise und Aufschrift sind identisch mit den Merkmalen der Tableaus in Ruinerwold. Die Bibelfliesen wurde von anderer Hand gemalt. Die Tablaus aus Zoeterwoude zeigen große Ähnlichkeit mit dem Tableau aus einem Bauernhaus in Ruinerwold (Abb. 74).

 

Abb. 78. Kamin mit Bibeltableaus und Bibelfliesen in einem Bauernhaus in Zoeterwoude, Delfshaven, ca. 1850-1860.
(Aufname: 28 Dezember 1967)

 

 

Abb. 79. Christi Auferstehung, 4 x 3 Fliesen, Delfshaven, ca. 1852. Detail von Abb. 78.

 

Abb. 80. N 214 – Christi Himmelfahrt, 4 x 3 Fliesen, Delfshaven, ca. 1852. Detail von Abb. 78.  

 

Abb. 81. Zwei Bibelfliesen (N 013 – Anbetung des Hirten und O 116 – Die kupferne Schlange). Detail von Abb. 78.

 

Abb. 82. N 203 – Die Auferstehung, 4 x 3 Fliesen, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850-1860. (in einem Bauernhaus in Ruinerwold)

 

Abb. 83. N 196 – Die Kreuzigung, 4 x 3 Fliesen, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850-1860. (in einem Bauernhaus in Ruinerwold)

 

Abb. 84. N 196 – Die Kreuzigung mit Maria und Johannes unter dem Kreuz, 4 x 3 Fliesen, Van Traa / Delfshaven, ca. 1850-1860. Maler: Hendrik Dekker? (Museumsbauernhof De Karstenhoeve, Ruinerwold)  

 

 

Weiterführende Informationen werden bald veröffentlicht in:

Die letzten Rotterdamer Fliesenmanufakturen 3
Piet Hein, Delfshaven (Frederik Jacobus Kleijn)
Wilhelm Joliet

 

 

Anmerkungen

1 www.tegels-uit-rotterdam.com/de_bloempot_deutsch.html

2 Ingrid Jager, Nora Schadee (red.), Tegels uit Rotterdam 1609-1866, Rotterdam, Zaltbommel 2009.

3 Zie: E. Wiersum, ‘Het Archief van de firma Van Traa, Steenhouwerij en Tegelbakkerij te Rotterdam’, in: Verslag Gemeentearchief Rotterdam 1904, Bijlage II.

4 Schauen Sie nach bei Jan Pluis, De Nederlandse Tegel. Leiden 2013, p. 639, 640.

5 Johan Kamermans, ‘De productie van de laatste Rotterdamse tegelfabriek’, in: Tegels uit Rotterdam 1609-1866, Rotterdam 2009, p. 204-220.

6 Wim van de Loo, Jaap Rohof en Jan Pluis ‘De Twee Laurierbomen’.  De laatste Amsterdamse tegelbakkerij (1808-ca. 1854), in: Tegel 31, 2003, p. 30-40.

7 Jan Pluis, De Nederlandse Tegel, Decors en benamingen / The Dutch Tile, Designs and Names 1570-1930, Leiden 2013, p. 438.

8 Arend Jan Gierveld, Jan Pluis, Fries Aardewerk Harlingen Bedrijfsgeschiedenis 1600-1933 & Producten tot 1720, Leiden 2005, p. 218, 219.

9 In den Archiven von Willem van Traa und Tichelaar findet man stets ‘schilpadtegels’.

10 Gillis Smael (Smal), geboren am 15 Dezember 1811 in Harlingen (Johan Kamermans, p. 215).

11 Diverse Aantekeningen van verschillende plaats gehad hebbende verkeerde leidingen in 't vuur der oven in de Gleijbakkerij, daaruit ontstaande bijsondere schadelijke gevolgen, en aangevende middels tot redres. [1725-1884] (Gemeentemuseum Het Hannemahuis, Harlingen. Diese Schrift ist momentan nicht auffindbar.)

12 Dalen, J. (L.) van, De Bouwkunstenaar. Deel 23 van: Volledige Beschrijving van alle Konsten, Ambachten, Handwerken, Fabrieken, Trafieken, derzelver werkhuizen, gereedschappen, enz.  Dordrecht 1806. Inz. ‘Verhandeling over de Pannen- en Tegelbakkerijen, de fijne en beste tegelen te Holland en Utrecht’ p. 73 e.v.

13 Jan Pluis, Bijbeltegels. Bijbelse voorstellingen op Nederlandse wandtegels van 17e tot de 20e eeuw. Bibelfliesen. Biblische Darstellungen auf niederländischen Wandfliesen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Münster 1994.

 

 

Literatur

Dalen, J. (L.) van, De Bouwkunstenaar. Deel 23 van: Volledige Beschrijving van alle Konsten, Ambachten, Handwerken, Fabrieken, Trafieken, derzelver werkhuizen, gereedschappen, enz.  Dordrecht 1806.

Arend Jan Gierveld, Jan Pluis, Fries Aardewerk Harlingen Bedrijfsgeschiedenis 1600-1933 & Producten tot 1720, Leiden 2005, p. 218, 219.

Ingrid de Jager, Nora Schadee (red.), Tegels uit Rotterdam 1609-1866, Rotterdam 2009.

Johan Kamermans, ‘De productie van de laatste Rotterdamse tegelfabriek’, in: Tegels uit Rotterdam 1609-1866, Rotterdam 2009, p.204-220.

A. Hoynk van Papendrecht, De Rotterdamsche Plateel- en Tegelbakkers en hun product, 1590-1851. Rotterdam 1920.

Jan Pluis, Bijbeltegels. Bijbelse voorstellingen op Nederlandse wandtegels van 17e tot de 20e eeuw. Bibelfliesen. Biblische Darstellungen auf niederländischen Wandfliesen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Münster 1994.

Jan Pluis, De Nederlandse Tegel. Leiden 2013.

Peter Sprangers, Utrechtse tegels 1600-1900, Utrecht 2013.

E. Wiersum, ‘Het Archief van de firma Van Traa, Steenhouwerij en Tegelbakkerij te Rotterdam’, in: Verslag Gemeentearchief Rotterdam 1904, Bijlage II.

E. Wiersum: ‘Een zeldzaam doopbordje’, in Oude Kunst 1920.

 

 

Fotonachweis

Horst Arians, Remels 42, Tabel O 070, O 103, O 175

Herbert van den Berge, Zuidbroek 49, 51, 61.

E.N. van Gelder, Boxtel Tabel O 286, O 289, N 073, N 253

Gemeentemuseum Het Hannemahuis, Harlingen 11

Gemeentearchief, Rotterdam 2, 13, 47

Wolfgang Jessel, Reinfeld Tabel O 157, O 286, N 203, N 228,

HMR (Historisch Museum Rotterdam) 1, 13, 26, 47, 56, 57

Hans van Lemmen, Leeds 14, 38

Peter Sprangers, Utrecht 64, 65, 66, 67, 74. Tabel O 052, O 116, N 021, N 028, N 197, N 202

Hans Tamerus, Boskoop Tabel O 041, O 149, O 179, N 005, N 104, N 227, N 236, N 237

Nederlands Tegelmuseum, Otterlo 24, 62

Joop van der Werf, Kornwerderzand 53

Eckhard Woide, Neuenhaus 6, 7, 8

Overige: Jan Pluis of onbekend.

 

 

Zum Schluss

Diese Veröffentlichung wurde durch die Mitwirkung mehrerer Personen möglich.
Peter Sprangers aus Utrecht schickte mir während der Vorbereitungsphase eine Anzahl Fotos von Tableaus der Fliesenmanufaktur Willem van Traa / Delfshaven.
Herbert van den Berge, Zuidbroek und Prosper de Jong, Leiden, stellten mir Fotos für diese Veröffentlichung zur Verfügung. Weiterhin waren Klaas Regts aus Franeker und Peter Merten aus Herborn-Schönbach mir behilflich und gaben mir Fotos und Fliesen. Diesen und allen hier nicht genannten Privatpersonen und Mitarbeitern von Museen danke ich für ihre Hilfe.
Norbert Joliet danke ich für Vorbereitung und Veröffentlichung dieses Berichtes im Internet.

Jan Pluis.

 

 

De laatste tegelbakkerijen in Rotterdam 1
Tegelbakkerij Het Wapen van Dantzich, Hoogstraat, Rotterdam
Jan Pluis

www.tegels-uit-rotterdam.com/wolk.html

 

Die letzten Rotterdamer Fliesenmanufakturen 1
Fliesenmanufaktur Het Wapen van Dantzich, Hoogstraat, Rotterdam
Jan Pluis / Wilhelm Joliet

www.tegels-uit-rotterdam.com/wolk_d.html

 

De laatste tegelbakkerijen in Rotterdam 2
Tegelbakkerij Schiedamsedijk / Leuvehaven

www.tegels-uit-rotterdam.com/schi.html