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Von Jan Aalmis signierte Jahreszeitentableaus
in der Sammlung Ludwig, Aachen

 

Die in diesem Bericht beschriebenen Jahreszeitentableaus unterscheiden sich von denen aus der Sammlung des Reichsmuseum Amsterdam und aus dem Couven-Museum Aachen vor allem in Rahmung und Farbgebung.

 

 

Die allegorische Darstellung der vier Jahreszeiten hat in der bildenden Kunst Europas immer eine wichtige Rolle gespielt. Sie war vor allem in der Zeit des Rokoko ein beliebtes Thema mit saisonal geprägten Landschaften und amourösen Szenen.

 

  

„Frühling“                                       Amiconi inven. Appo Wagner Venezia C.P.E.S.

Tableau aus 8 x 6 Fliesen                       Kupferstich und Radierung
                                                                         Größe des Blattes: 51 x 33 cm
                                                                         Größe der Darstellung: 48 x 31 cm

 

   

„Sommer“                                        Amiconi inven. Appo Wagner Venezia C.P.E.S.

Tableau aus 8 x 6 Fliesen                        Kupferstich und Radierung
                                                                          Größe des Blattes: 51 x 33 cm
                                                                          Größe der Darstellung: 49 x 31,8 cm

 

   

„Herbst“                                           Amiconi inven.   Appo Wagner Venezia C.P.E.S.

Tableau aus 8 x 6 Fliesen                        Kupferstich und Radierung
                                                                          Größe des Blattes: ca. 51 x 33 cm
                                                                          Größe der Darstellung; 48,5 x 31,3 cm

 

   

„Winter“                                           Amiconi inven.   Appo Wagner Venezia C.P.E.S.

Tableau aus 8 x 6 Fliesen                        Kupferstich und Radierung
                                                                          Größe des Blattes: ca. 51 x 33 cm
                                                                          Größe der Darstellung; 49 x 32 cm

 

 

Giacomo Amigone (Jacopo Amiconi oder Amicone)

1675 in Venedig geboren, war ein italienischer Maler des Rokoko. Er schuf seine Werke in mehreren Ländern Europas.
Für den bayerischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel, für mehrere bayerische Klöster und Privatpersonen fertigte er in der Zeit zwischen 1715 und 1730 Fresken und Gemälde. Von Bayern ging er nach London, wo er durch zahlreiche Auftragsarbeiten berühmt und wohlhabend wurde. Weitere Stationen seines Lebens waren Frankreich, Italien und Spanien. In Madrid schuf er großflächige Werke für den spanischen König Ferdinand VI.. Giacomo Amigone starb 1752 in Madrid.

 

Joseph Wagner (1706-1780)

Freund des Jacopo Amigone (Amiconi) betrieb in Venedig eine bedeutende Kupferstich-Manufaktur. Dem Impressum nach entstand die Kupferstichfolge der Jahreszeiten nicht vor 1749, denn in diesem Jahr erhielt er das Privileg, auf das er in seinen Stichen mit C.P.E.S. hinwies.
Die Wagnerschen Stiche nach Amigone regten J.G. Hertel (Augsburg 1700-1775) an, seinerseits eine Folge der Jahreszeiten nach Amigone herauszugeben. Er fügte erläuternde Verse in Deutsch und Latein hinzu.

 

 

 

„Frühling“

 

Detail aus dem Fliesentableau „Frühling“

Die auf eine Rasenbank gestützte junge Frau lauscht der Musik eines jungen Mannes.
Bei Hertel stehen folgende Verse: „Du kannst Holdselige, jetzt in Blumen sitzen, die angenehme Luft wird dich noch nicht erhitzen“.

 

Detail aus dem Fliesentableau „Frühling“

Mit ihrem Dekolleté betont die junge Frau bewusst ihre Weiblichkeit und erotische Ausstrahlung.
Das Ausmaß der gewünschten erotischen Ausstrahlung zeigt sie durch das Zeigen von viel enthüllter Haut.
Der Frühling wird durch den Korb frischer Blumen charakterisiert.

 

Detail aus dem Fliesentableau „Frühling“

Der Musikant nimmt über seine einschmeichelnden Weisen Beziehung zur jungen Frau auf.

 

Detail aus dem Fliesentableau „Frühling“

Der Hund ist sprichwörtlich ein weitverbreitetes Sinnbild der Treue.
Er verfolgt hier in eindeutiger Stellung gespannt die Szene.

 

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„Sommer“

 

Detail aus dem Fliesentableau „Sommer“

Die Verse auf dem Hertelschen Reproduktionsstich des Sommers nach Amigone „Nur du, o schönes Bild, kannst mich allein charmieren, erlaub, daß meine Hand, dich jetzo darf berühren!“ umschreiben sehr diskret die deutliche Anspielung der Darstellung.

 

Detail (eine Fliese) aus dem Tableau „Sommer“

Auch in dieser Szene zeigt die junge Frau viel enthüllte Haut und lässt die zärtliche Berührung ihres Kinns zu.

 

Das Detail (eine Fliese) aus dem Tableau „Sommer“ zeigt das Antlitz des jungen Mannes.

 

Detail aus dem Fliesentableau „Sommer“

Das junge Mädchen hält seine Hand schützend über einen Hühnerkorb.
Vogelkäfige, fortfliegende Vögel, zerbrochene Krüge und zerbrochene Eier stehen in der Kunst des Rokoko und bis weit ins 19. Jahrhundert als Symbole für verlorene Jungfräulichkeit.

 

Detail aus dem Fliesentableau „Sommer“

Bezeichnend für den Sommer ist die Ernte. So sind Darstellungen des Sommers häufig mit den Attributen Handsichel und gebündelte Ähren ausgestattet.
Der vierteilige Zyklus Frühling, Sommer, Herbst und Winter zeigt den ewigen Kreislauf der Natur. Es ist das Werden, Wachsen, Reifen und Vergehen, dem auch der Mensch unterworfen ist.

 

 

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„Herbst“

 

Detail aus dem Fliesentableau „Herbst“

Die Darstellung auf diesem Tableau ist besitzergreifend. Das junge Mädchen hält einen Hut mit Weintrauben hoch, der junge Mann greift in stürmischer Umarmung nach beidem.
Dazu die Hertelschen Verse: „Laß mich zu dieser Zeit die Trauben noch genießen, als welche meinen Mund erquicken und versüßen“.

 

Detail (eine) Fliese aus dem Tableau „Herbst“

Die Weintraube ist beliebtes Attribut des Herbstes.

 

Detail (eine) Fliese aus dem Tableau „Herbst“

Die Köpfe des jungen Mädchens und des jungen Mannes zeigen prägnant das Können des Rotterdamer Fliesenmalers Jan Aalmis.

 

 

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„Winter“

 

Detail aus dem Fliesentableau „Winter“

Dazu die Hertelschen Verse: „ Man möcht vor großer Kält, dermahl fast gar erfriehren. Ich laß mit kalter Handt, daher mich nicht berühren“.

 

Detail (eine) Fliese aus dem Tableau „Winter“

 

 

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Die folgende vier Signaturen weisen Jan Aalmis (nicht Aelmis) aus Rotterdam als Maler der Jahrezeitentableaus aus.

Signatur des Jan Aalmis auf dem Fliesentableau „Frühling“

 

Signatur des Jan Aalmis auf dem Fliesentableau „Sommer“

 

Signatur des Jan Aalmis auf dem Fliesentableau „Herbst“

 

Signatur des Jan Aalmis auf dem Fliesentableau „Winter“

 

Mehrere Mitglieder der Rotterdamer Familie Aalmis waren als „meester-tegelbakker“ Besitzer der „plateel- en tegelbakkerij aan den Schiedamschedijk, westzijde, protocol No. 1405“. Am 24. Dezember 1691 kaufte Pieter Janszn. Aalmis (* 1648 - + 1707) die Werkstatt von den Erben des François van Lier. Pieter Janszn. Aalmis hatte schon einige Jahre die Werkstatt geleitet. Jan Pieterszn. Aalmis (* 1674 - + 1755) folgte seinem Vater Pieter Janszn. Aalmis 1707 in der Leitung der Werkstatt. Jan Aalmis jr. (* 1714 - + 1799) betrieb die Werkstatt mit seinem Bruder Jan Bartholomeus Aalmis (* 1725 - + 1786) seit dem Tod des Vaters. Als Jan Bartholomeus 1786 starb, wurde Jan alleiniger Inhaber. Er verkaufte am 10. September 1787 die Werkstatt an Laurens Verwijk und starb am 30. September 1799.
Die Fliesenbilder der vier Jahreszeiten in der Sammlung Ludwig entstanden in der Zeit, in der die Brüder Jan und Jan Bartholomeus Aalmis die Rotterdamer Fayencewerkstatt mit dem Aushangzeichen „De Bloempot“ betrieben. Beide waren ausgezeichnete Fliesenmaler und bekleideten abwechselnd über Jahre das Amt des Vorsitzenden der Rotterdamer St. Lukasgilde.

Die Jahreszeitentableaus sind Teil der Fliesensammlung des Stifterehepaars Ludwig und nicht zu besichtigen.

PETER UND IRENE LUDWIG STIFTUNG
http://www.ludwigstiftung.de/

 

Bitte beachten Sie auch die Veröffentlichungen:
Von Jan Aalmis signierte Jahreszeitentableaus im Couven-Museum Aachen


Von Jan Aalmis signierte Jahreszeitentableaus in einer schweizer Privatsammlung

Von Jan Aalmis signierte Jahreszeitentableaus im Rijksmuseum Amsterdam